Das Märchen mit den Qualitätsklassen, die angeblich niemandem schaden

Im Rahmen des Netzallianztreffens am 7. Oktober im „Infrastrukturministerium“ rührten Vertreter von Telekom und Vodafone erneut die Werbetrommel für Qualitätsklassen bei Internetdiensten. Egal ob man es jetzt Qualitätsklassen, Spezialdienste, Managed Services oder einfach QoS nennt: Es ist eine Mogelpackung, auf die allerdings die Politk hereinzufallen droht. Jens Koeppen (CDU) sieht die Möglichkeit, Providern QoS zu erlauben, wenn diese im Gegenzug den Breitbandausbau in ländlichen Regionen finanzieren.

Wo ist nun die Mogelpackung?

Werfen wir zuerst einen Blick auf die technische Seite: Solange ein Datennetz ausreichende Kapazitäten bereitstellt, können alle Datenpakete uneingeschränkt transportiert werden, also sind Qualitätsklassen unnötig. Erst wenn ein Datennetz nicht mehr für die zu bewältigende Datenmenge ausreicht, kommen Qualitätsklassen ins Spiel um zu entscheiden, wessen Datenpakete weiterhin normal transportiert werden (wer also für eine höhere Qualitätsklasse bezahlt hat) und wessen Datenpakete verworfen werden sollen (wer sich also nur die Standard-Qualitätsklasse leisten kann). Wenn es also um einen zukunftssicheren Breitbandausbau geht, wozu werden dann überhaupt Qualitätsklassen benötigt?

Betrachten wir nun die wirtschaftliche Seite: Qualitätsklassen sind für einen Provider nur interessant, wenn er damit zusätzliche Umsätze erwirtschaften, sie also an Kunden verkaufen kann. Kunden wiederum werden sie nur kaufen, wenn sie dadurch einen Vorteil haben. Solange ein Datennetz ausreichende Kapazitäten bereitstellt, hat ein Kunde vom Erwerb einer höheren Qualitätsklasse keinerlei Vorteil, weil seine Daten – egal in welcher Qualitätsklasse sie transportiert werden – aufgrund der ausreichenden Kapazität problemlos transportiert werden können.

Unzureichende Kapazitäten oder künstliche Verknappung

Aus beiden Betrachtungen wird klar, dass Qualitätsklassen einem Provider nur dann etwas nutzen, wenn er entweder doch unzureichende Kapazitäten hat oder aber die an sich ausreichenden Kapazitäten künstlich verknappen möchte (z.B. per Drosselung nach einem gewissen Freivolumen), um die Kunden zur Buchung höherer Qualitätsklassen zu drängen. Beide Fälle widersprechen aber der gebetsmühlenartig wiederholten Behauptung der Provider, durch Qualitätsklassen würde das „offene und freie Internet“ nicht beeinträchtigt: Wenn unzureichende Kapazitäten vorhanden sind und somit höhere Qualitätsklassen als „Überholspur“ nötig werden, dann wird zwangsläufig der Rest, also normale Internetdienste, deutlich darunter leiden. Im Falle der künstlichen Verknappung wird sogar noch deutlicher, dass normale Internetdienste die Leidtragenden sein müssen. Würden sie weiterhin wie gewohnt funktionieren, würde niemand die Notwendigkeit sehen, höhere Qualitätsklassen zu kaufen.

Irreführende Wohlfahrtsbeispiele

Mit geschickt ausgewählten Beispielen für Spezialdienste, wie z.B. E-Health-Anwendungen, gelingt es den Providern leider immer wieder, die Politik für Qualitätsklassen zu begeistern. Diese Beispiele sind jedoch irreführend: Qualitätsklassen sind nur für zeitkritische Anwendungen, wie z.B. Tele-Operationen, relevant. Niemand mit genug Fachwissen wird den Datenstrom einer Tele-Operation über das Internet transportieren wollen. Das Risiko durch Unterbrechungen oder Manipulationen wäre viel zu groß. Läuft der Datenstrom hingegen über eine dedizierte Datenleitung, sind wiederum keine Qualitätsklassen notwendig, weil die Datenleitung exklusiv nur für diesen Zweck mit fester Datenrate reserviert ist. Im Zweifelsfall wird ein Provider mit wirtschaftlichen Interessen die hohe Qualitätsklasse eher an einen finanzstarken Videostreaming-Dienst verkaufen als an ein eher finanzschwaches Klinikum – unser Gesundheitssystem ist ja nicht gerade für seine üppige Finanzierung bekannt.

Fazit

Jeder Internetnutzer bezahlt seinen jeweiligen Provider für den Transport von Daten. Dabei kann ein Datenpaket nicht „besonders gut“ transportiert werden. Entweder es wird transportiert oder es wird verworfen. Erlaubt die Politik die Einführung von Qualitätsklassen, dann erlaubt sie den Providern gezielt Datenpakete von Wenigzahlern zu verwerfen, anstatt ihre Kapazitäten dem Bedarf anzupassen.

Telekom: IPv6 oder Inklusivnutzer, aber nicht beides… (Update)

Die Telekom scheint bei Ihrem IPv6-Rollout von Pannen verfolgt zu werden. Nachdem sich die aktuelle Firmware einiger Outdoor-MSANs als Inkompatibel mit den DHCPv6-Replies herausgestellt hat, wurde nun in den Service-Foren die Ursache für ein weiteres Verschwinden von IPv6 bei Kunden, die es bereits nutzen konnten, erkannt (wieder mal von einem Kunden, nicht von der Telekom selbst):

Sobald ein Inklusivnutzer angelegt wird (z.B. für eine weitere E-Mail-Adresse oder eine logische Trennung der VoIP-Nummern), wird beim Verbindungsaufbau kein IPv6-Präfix mehr zugeteilt. Interessant ist, dass bei einigen der Betroffenen der Inklusivnutzer nie explizit beauftragt wurde sondern aus unbekannten Gründen angelegt wurde oder als „Kollateralschaden“ bei anderen Aktionen (Mediacentereinrichtung)…

Update 24.10.2014:

Das Problem scheint zwischenzeitlich behoben zu sein, möglicherweise kann sogar das zubuchen eines weiteres Inklusivnutzers die Reprovisionierung des Datensatzes und damit die Aktivierung von IPv6 bewirken.

Telekom: IPv6-Probleme mit bestimmten MSAN

Dass die Telekom eine etwas gewöhnungsbedürftige IPv6-Rollout-Politik verfolgt, ist ja nichts neues. Nun ist man dort aber auf ein größeres technischen Problem gestoßen, dass sogar erstmal die Kunden debuggen mussten. Doch fangen wir von vorne an.

Seit Anfang 2014 tauchen in den Service-Foren der Telekom Problemmeldungen von Kunden auf, denen beim Wechsel von z.B. ADSL auf VDSL plötzlich wieder IPv6 abhanden gekommen ist. Schnell wird von der Telekom die Schuld den AVM-Routern bei den Kunden zugeschoben (obwohl auch Speedport-Nutzer betroffen sind), da das IPv6-Merkmal am PPPoE-Konto korrekt aktiviert sei. Da sich die Meldungen häufen und andere Kunden (wie ich) mit AVM-Router am VDSL problemlos IPv6 erhalten können, beginnen Recherchen der Kunden selbst. Als gemeinsame Komponente bei allen betroffenen stellen sich Broadcom 164.37 Linecards in den MSANs heraus. Es dauert bis August, bis dann auch von der Telekom ein Ergebnis da ist:

An den betroffenen Anschlüssen ist die Kommunikation zwischen dem DSL-Endgerät und dem DHCPv6-Server durch ein Fehlverhalten des MSAN im Downstream eingeschränkt. Das DSL-Endgerät reagiert dann auf die ausbleibende Antwort des DHCPv6-Servers mit neuerlichen SOLICITs – doch auch auf diese hin kann die vorgesehene und vom DSL-Endgerät erwartete Antwort nicht beim Kundenrouter eintreffen.

Die Ursache ist jetzt so weit eingegrenzt, dass eine nachhaltige Lösung per Software-Update möglich wird. Mit diesem Update ist aber nach derzeitigem Stand nicht mehr vor dem Jahreswechsel zu rechnen.

Quelle: Helge vom Telekom Hilft Team.

Ich hoffe, die Telekom lernt daraus:

  1. Dass man, wenn man IPv6 anbietet, neue MSAN-Software auch mit IPv6 testen sollte.
  2. Dass man nicht vorschnell Fremdroutern die Schuld zuschieben sollte, besonders nicht wenn Screenshots dieser Fremdrouter in Telekom-Präsentationen zu IPv6 verwendet werden.

Drossel, die zweite: O² dreht zu

Nachdem die Telekom im April letzten Jahres Ihre Drosselpläne bekannt gab (die im Dezember aber wieder zurückgezogen wurden), zog Telefonica O² im Oktober nach und führte eine sogenannte „Fair Flatrate“ im Kleingedruckten ihrer Tarife ein, die ab Juni 2014 greifen sollte, kürzlich aber auf Oktober 2014 verschoben wurde.

Die Argumentation von Telefonica O² folgt dabei dem Muster der Telekom: Der durchschnittliche Kunde verbrauche nur einen Bruchteil des enthaltenen Freitraffics, daher sei es nur gerecht, dass Poweruser stärker zur Kasse gebeten werden sollen. Tatsächlich zeigt die starke Diskrepanz zwischen dem angeblichen Durchschnittsverbrauch von 21 GB und dem enthaltenen Freitraffic von 300 GB bei den Paketen M und L aber, dass das Gerechtigkeitsargument wieder nur zum schein benutzt wird.

Tatsächlich dürfte es, wie im Fall der Telekom-Drossel, wieder darum gehen, die Content-Anbieter an den Verhandlungstisch für die Buchung von sogenannten „special services“ (Stichwort Netzneutralität) zu zwingen. Seit Jahren versuchen die großen Zugangsanbieter zusätzlich auch bei den Content-Anbietern für den Transport zu kassieren. Die Content-Anbieter sind freilich nur dann für eine finanzielle Beteiligung zu gewinnen, wenn sie dadurch irgendeinen Vorteil erhalten. Die Qualität der bisherigen Internetzugänge ist aber vollkommen ausreichend für die Content-Anbieter. Die Drosselung soll nun die bisherige Leistung künstlich verschlechtern, so dass bei den Content-Anbietern die Motivation steigt, sich durch Zahlungen von der Drosselung freizukaufen, damit die Zugangskunden der jeweiligen Telekommunikationsanbieter weiterhin erreicht werden.

Der Versuch, die Content-Anbieter finanziell zu beteiligen, erscheint auf den ersten Blick nachvollziehbar, auf den zweiten Blick ist der gewählte Weg jedoch problematisch:

  1. Durch exklusive Partnerschaften zwischen manchen Content-Anbietern und manchen Zugangsanbietern wird den Wechsel des Zugangsanbieters erschweren, weil z.B. bereits erworbene Online-/Streaming-Inhalte über den neuen Zugangsanbieter nicht mehr nutzbar wären oder erneut erworben werden müssten. Schlimmstenfalls müssten Kunden sogar gleichzeitig mehrere Internetzugänge bereithalten um weiterhin alle Angebote in brauchbarer Qualität nutzen zu können.
  2. Die Ausnahme mancher Inhalte von einer Drosselung führt zu einer Benachteiligung aller anderen Inhalte, z.B. auch nicht-kommerzieller und privater Art und gefährdet damit eines der größten Vorteile des Internets: Die Möglichkeit des einzelnen, unkompliziert Inhalte zu publizieren bzw. Dienste anzubieten. Für viele kleine Unternehmen und Startups könnte das bereits vor der Betriebsaufnahme das Aus bedeuten.
  3. Bei den Zugangskunden wie auch den Inhaltsanbieter zu kassieren verändert das bisher etablierte Verfahren im Internet, das jeder Teilnehmer nur seinen direkten Upstream-Provider bezahlt. Müssten Inhaltsanbieter nun zusätzlich zum direktem Upstream-Provider auch viele Zugangsanbieter zusätzlich bezahlen, dann würden deren Angebote zwangsläufig teurer werden bzw. die Werbung auf den Plattformen müsste ausgebaut werden. Im Gegenzug wäre kaum damit zu rechnen, dass die Zugangsanbieter die Preise für Endkunden reduzieren.

Man erkennt, dass das Thema Netzneutralität nicht nur ein Luxusproblem ist sondern der einzige Weg um die bisher gewohnte Vielfalt im Internet weiterhin zu erhalten und die IT-Revolution bzw. Industrie 4.0 tatsächlich als Job-Motor zu nutzen.

Zulässige Windows-Anwendung oder nicht?

Aus der Kategorie „unglaublich“ kommt heute eine Problemmeldung eines Kunden. Sein Windows Server 2008 scheiterte, beim Versuch einen bestimmten Dienst (nennen wir ihn hier XYZ) zu starten, und schrieb den Fehlercode „%%193“ mit der Meldung „XYZ ist keine zulässige Win32-Anwendung“ ins Ereignisprotokoll.

Spontan denkt man natürlich an ein beschädigtes Binary, wobei da ja bereits der Installer hätte aufschreien müssen, aber zur Sicherheit prüft man es und ruft das Binary auf der Konsole im Debug-Modus auf und… es läuft anstandslos.

Das Rätsels Lösung ist ein Windows-Fehler der unter Q325680 bei Microsoft bekannt ist: Wenn der Pfad, unter dem ein Dienst installiert ist, mit einem Wort (!) beginnt und es eine Datei im Wurzelverzeichnis das Datenträgers gibt, die dasselbe Wort als Name hat, dann kann der Dienst nicht gestartet werden.

In diesem Fall war der Dienst unter „C:\Program Files (x86)\ABX\XYZ.exe“ installiert und es gab – von einem anderen Programm – eine Logdatei „C:\Program“. Für Windows Grund genug um den Dienst XYZ nicht mehr starten zu wollen.

Telekom: IPv6 angeblich bald für All-IP-Bestandskunden aktivierbar (4 Updates)

Seit dem Herbst 2012 hat die Telekom IPv6 auf ihrer DSL-Plattform produktiv im Betrieb, bisher jedoch nur für einen kleinen Kundenkreis: Nur wer nach dem 25.09.2012 den Wechsel von einem Anschluss mit analoger Telefonie oder ISDN auf einen Anschluss mit VoIP (sogenannter All-IP-Anschluss) bestellt hat oder aber ab diesem Tag in einen anderen All-IP-Tarif gewechselt ist, bekam IPv6 aktiviert. Die Kommunkationspolitik (intern wie extern) lies wie üblich erstmal zu wünschen übrig, selbst der Community-Support schrieb Anfang 2014 noch, dass er obige „Wann wird IPv6 aktiviert?“-Regel selbst erst empirisch herausfinden musst.

Dass Analog- und ISDN-Kunden kein IPv6 bekommen haben ist verständlich, wurde der Vertrieb solcher Anschlüsse mittlerweile ja praktisch komplett eingestellt. Man hätte also das Buchungssystem für diese alten Anschlüsse anpassen müssen, damit es IPv6 provisionieren kann, obwohl dessen Nutzungsende bereits kurz bevor stand. Unschön war hier, dass man auch hier keine klare Kommunikation eingesetzt hat sondern auf ausreden gesetzt hat, dass es technisch nicht anders ginge. Dass man sich aber für All-IP-Bestandskunden keinen Migrationspfad überlegt hat (oder IPv6 einfach generell eingeschaltet hat) fand ich von Anfang an unverständlich.

Ich und auch andere IPv6-Interessierte haben über die letzten knapp 19 Monate  in der Telekom-Hilft-Community und in den Support-Foren oft die Frage gestellt, wie es denn nun weitergehen soll. Nun ist die Antwort da: Bereits Ende März tauchte bei vielen All-IP-Bestandskunden im Kundencenter ein Auftrag „Sperre IPv6“ auf. Mittlerweile haben die Hotline und auch der Community-Support die Möglichkeit, diese Sperre zu deaktivieren, ohne dass eine neue Vertragslaufzeit beginnt oder ein Tarifupgrade durchgeführt werden muss.

Ich hoffe, dass viele Telekom-Kunden von dieser Möglichkeit gebrauch machen werden und damit die Verbreitung von IPv6 weiter voran bringen.

Update 22.04.2014:

Zwischenzeitlich hat der Community-Support nachgeforscht: Man kann die „Sperre IPv6“ zwar bereits deaktivieren lassen, es wirkt sich aber noch nicht auf die Einwahlinfrastruktur aus. Erst im zweiten Halbjahr soll es sich dann tatsächlich auswirken… es dauert also leider doch noch.

Update 23.04.2014:

Aktuell sollte man auch davon absehen, die Sperre für sich deaktivieren zu lassen, weil noch unklar ist, ob das dann später „von selbst“ entsprechend wirksam wird oder erst wieder aktiviert werden müsste um dann nochmal (sauber) deaktiviert zu werden.

Update 24.04.2014:

Betroffene, bei denen die Sperre bereits deaktiviert wurde, die aber noch kein IPv6-Präfix erhalten, müssen sich Tapfer durch ein Störungsticket bis zur „Eskalationsstufe 3“ hocharbeiten. Diese kann wohl dann endlich IPv6 tatsächlich aktivieren.

Update 24.10.2014:

Es hat lange gedauert, aber jetzt können Hotline oder Telekom-Hilft-Team bei IP-Bestandskunden die Sperre tatsächlich wirksam ausbauchen. Wer sich die Sperre bereits im Frühjahr hat (unwirksam) ausbuchen lassen und sich nicht durch die Störungsmeldung hangeln wollte, für den sollte es reichen, ein kostenloses Zusatzfeature im Kundencenter hinzuzubuchen. Dadurch wird gerüchteweise der Kundendatensatz reprovisioniert, was IPv6 dann aktiviert.

Netzneutralität: Die getroffenen Hunde jaulen

Kaum hatte sich das EU-Parlament am 3. April 2014 im Rahmen des Telecom-Pakets zum digitalen Binnenmarkt für ernsthafte Netzneutralität ausgesprochen, gab es auch schon die Reaktionen der deutschen Branchenverbände BITKOM und VATM.

Der Abstimmung im EU-Parlament gingen monatelange Detailarbeiten am Entwurf der Netzneutralitätsverordnung voraus, bei denen der Industrieausschuss ITRE federführend war. Die anfängliche Fassung von Pilar Del Castillo sah – vermutlich dank intensiver Lobbyarbeit europäischer Ex-Monopolisten – relativ weit gefasste „specialised services“ – ein Äquivalent zu den 2013 geplanten „managed services“ der Telekom – vor und hätte damit die Netzneutralität nicht bewahrt sondern erst ihre Umgehung ermöglicht. Die vom ITRE am 18. März 2014 verabschiedete Fassung enthielt zwar in vielen Punkten bereits Verbesserungen gegenüber der ersten Fassung, aus Sicht vieler Netzaktivisten bestanden aber noch zu viele Schlupflöcher, um die Netzneutralität auszuhebeln. Der nun vom EU-Parlament verabschiedete Text ist aber um viele dieser Schwachstellen bereinigt worden und geht in manchen Punkten sogar über Vorschläge hinaus, die Wochen zuvor noch im Ausschuss abgelehnt wurden.

Während der Beratungen im ITRE hatte ich die Gelegenheit, mit unserer Europaabgeordneten Angelika Niebler per E-Mail und auch telefonisch ausführlich über das Thema zu diskutieren. Die Aufgabe der Ausschussmitglieder war alles andere als leicht: Auf der einen Seite sollten sie das offene Internet bewahren, auf der anderen Seite aber auch QoS für Telemedizin o.ä. ermöglichen und darüberhinaus den Telekommunikationskonzernen erlauben, an der Wertschöpfung durch Content-Anbieter zu partizipieren. Letzteres ist natürlich auch ein verständliches Ziel. Der Comcast-Netflix-Deal in den USA zeigt, dass es für eine Telco auch ohne Bruch der Netzneutralität möglich ist, einen Content-Anbieter an Netzinvestitionen zu beteiligen. Ebenso sind Dienste wie Telemedizin mit der Netzneutralität vereinbar, wenn sie – wie in der nun verabschiedeten Formulierung – über eigene, logisch getrennte Kapazitäten (im All-IP-Zeitalter sozusagen der Nachfolger der klassischen Standleitung) realisiert werden.

Obwohl auch die jetzt verabschiedete Formulierung noch kleinere Ungenauigkeiten enthält, zeigt das „Geschrei“ der Branchenverbände, dass damit bereits ein grundlegender Schutz der Netzneutralität erreicht ist. Da sich die Telco-Branche im Vorfeld mit ihrer Lobby-Arbeit ganz darauf konzentriert hat, „welfare“-Dienste als Beispiele anzubringen, warum keine strenge Netzneutralität vorgeschrieben sein sollte, sind die jetzigen Proteste sogar unverständlich: Gerade solche Dienste sind von der jetzigen Fassung problemlos abgedeckt, weil sie unweigerlich eigene Kapazitäten und durchgängiges QoS erfordern. Dass nun aber doch Protest kommt, zeigt ganz klar, dass man tatsächlich eher an rein kommerziellen Diensten interessiert ist. Kommerzielle Dienste, die – ohne Netzneutralität – später wiederum zur Gefahr für „welfare“-Dienste werden könnten: Wer wird im Zweifelsfall mehr für einen „specialised service“ investieren können? Ein kommerzieller Videoanbieter für Streaming oder ein gemeinnütziges Klinikum für Telemedizin? Freilich wirbt es sich im Vorfeld weniger gut mit handfesten kommerziellen Interessen für priorisierte Dienste.

Mein Dank gilt allen EU-Parlamentariern, die sich in den Ausschüssen und im Parlament für ernsthafte Netzneutralität eingesetzt haben und ich hoffe, dass der Text, bis er endgültig in Kraft tritt, nicht ausgehöhlt wird.

Den Telcos wünsche ich, dass sie zukünftig sich und ihre Tarife an „das Netz“ anpassen und nicht umgekehrt das Netz an ihre alte, vermittlungsorientierte Denkweise. Die Kunden sind bereit, für Datentransport angemessen zu bezahlen, das heißt allerdings, dass die Kunden bestimmen wollen, mit wem sie wann und wie kommunizieren und dies nicht der Telco überlassen wollen.

Optimierung der Hausverkabelung für xDSL

Neulich hatte ich vom Umstieg auf einen VDSL-All-IP-Anschluss der Telekom gebloggt. Im Nachgang zur Umstellung zeigten sich kleinere Stabilitätsprobleme der Leitung, da ein- bis zweimal am Tag die Synchronisation verloren ging. Bevor man solche Probleme dem Anbieter als Störung meldet, sollte man sich zuerst die eigene Haus- bzw. Wohnungsverkabelung vornehmen und sicherstellen, dass das DSL-Modem bzw. der DSL-Router an der ersten TAE-Dose angeschlossen ist und keine parallelen Abzweige existieren.

Der parallele Abzweig war das entscheidende Stichwort: Wir haben tatsächlich neben der ersten TAE-Dose im Wohnzimmer eine weitere, ungenutzte TAE-Dose im Kinderzimmer. Am APL im Keller fand sich der Abzweig nicht, allerdings fand ich im Keller an einer anderen Stelle den entscheidenden Hinweis darauf, dass sich der Abzweig bei unserer ersten TAE-Dose befinden müsse. Dort wurde dann „maximaler Pfusch“ sichtbar: Der a-Draht zur zweiten Dose war korrekt am Anschluss a2 der ersten Dose angeschlossen, der b-Draht hingegen war am Anschluss Lb angeschlossen und somit als Abzweig noch vor der ersten TAE-Dose. Nachdem auch der b-Draht korrekt am Anschluss b2 angeschlossen war stabilisierte sich die VDSL-Leistung schlagartig, der Störabstand stieg an und die nicht behebbaren Fehler gingen zurück.

Hier die Statistiken aus der Fritzbox, links vor der Korrektur und rechts danach:

Statistik vorher Statistik nachher

Bei den Verbindungseigenschaften sieht man den Anstieg beim Störabstand und die höhere Leitungskapazität nach der Korrektur:

Verbindungseigenschaften vorher Verbindungseigenschaften nachher

Und noch die Spektrumsanzeige vor und nach der Korrektur:

Spektrum vorher Spektrum nachher

Vor dem Hintergrund der doch deutlichen Verbesserung erstaunt mich, dass die vorherige ADSL2+-Verbindung praktisch jahrelang nicht die geringsten Probleme gemacht hat.

Als nächster Schritt steht nun noch ein Versuch mit einer neuen TAE-Dose an, da ich von verschiedensten Stellen vor oxidierten Kontakten oder integrierten Prüfwiderständen bei älteren TAE-Dosen gewarnt wurde.

Umstieg auf VDSL mit IPv6 und VoIP statt ISDN

Seit mittlerweile 16 Jahren bin ich an die Vorzüge eines ISDN-Anschlusses (oder Universal-Anschlusses, wie er bei der Telekom die letzten Jahre heißt) gewöhnt. Vor 9 Jahren gesellte sich dann (endlich) auch ein DSL-Anschluss dazu, den ISDN-Anschluss habe ich aber behalten, da ich zu Fernwartungszwecken ISDN-Datenverbindungen benötigt habe.

Nachdem die Telekom dann aber im Herbst 2012 damit begann, IPv6 nur für Neuverträge mit VoIP-Telefonie (statt ISDN oder analoger Telefonie) anzubieten, habe ich gezielt darauf geachtet, ob ich die ISDN-Datenverbindungen wirklich brauche. Im ersten Schritt habe ich mir für das Fernwartungsziel ein „Hintertürchen“ für SSH eingerichtet (zweiter, bereits vorhandener DSL-Anschluss über anderen ISP mit eigener Technik) und daraufhin auf meiner Seite den ISDN-Router abgeschaltet (damit ich nicht aus Gewohnheit doch wieder die ISDN-Datenverbindung nutze). Das Ergebnis war wie erwartet: Eigentlich brauche ich keine ISDN-Datenverbindungen mehr.

Blieb noch mein Misstrauen gegenüber VoIP-Telefonie, das mich vor einem Wechsel auf einen solchen Anschluss zurückschrecken lies. Das änderte sich im Laufe des vergangenen Jahres: Bei einem Verwandten – bisher per EDGE im Internet – kam der Wunsch auf, endlich einen „vernünftigen“ Anschluss zu haben, der allerdings so wenig wie möglich kosten sollte. Die Wahl fiel auf einen besonders günstigen DSL-Anschluss (auf Telekom-Technik basierend) mit VoIP-Telefonie und die Folgemonate zeigte sich, dass die VoIP-Telefonie problemlos funktioniert. Echos und Verzögerungen, wie ich sie früher kannte, traten nicht mehr auf. Im Herbst kam VoIP auch gelegentlich am eigenen Anschluss zum Einsatz, als ISDN zeitweise gestört war (DSL jedoch nicht) und die Fritzbox automatisch auf Sipgate umschaltete.

Nachdem dann am 5. Dezember die Drosselklausel der Telekom wieder gestrichen wurde, war der letzte Grund, den bisherigen Anschluss so lange wie möglich zu behalten, weggefallen und die Überlegung, ob es weiterhin ein ADSL2+-Anschluss oder ein VDSL-Anschluss sein soll, begann. Der VDSL-Anschluss hat als unschlagbaren Vorteil den deutlich erhöhten Upstream und wird in einigen Jahren dank Vectoring vermutlich nochmals beschleunigt werden. Blieb noch die Suche nach einem geeigneten Termin für den Wechsel, schließlich erfordert der Wegfall von ISDN doch auch ein paar Veränderungen an der Verkabelung.

12.01.2014 15:43

Die Bestellung des Wechsels ist erledigt, als Wunschtermin wurde der Vormittag des 31.01.2014 angegeben und bei der Gelegenheit auch gleich weitere Rufnummern (meine Frau benötigt eine separate geschäftliche Nummer und unsere Tochter wird sich irgendwann auch über eine eigene Nummer freuen) bestellt und durch die automatische Bestelleingangsbestätigung auch entsprechend bestätigt. Nun sind wir gespannt auf die postalische Auftragsbestätigung.

14.01.2014 16:50

Per E-Mail wird der Eingang des Auftrags bestätigt, um Kundencenter ist der Auftrag nun auch detailliert zu sehen, allerdings ist dort nicht das Wunschdatum (Freitag, 31.01.2014) aufzufinden sondern der Tag darauf (Samstag, 01.02.2014), was mich aber nicht weiter stört.

17.01.2014 17:40

Im Briefkasten fand sich heute die schriftliche Auftragsbestätigung. Auch diese nennt den 01.02.2014 als Bereitstellungstermin und nennt Wegfall und Zugang der richtigen Produkte. Seltsam ist jedoch, dass die im Rahmen der Bestellung ausgewählten Wunschrufnummern (eine einzelne und 6 am Stück) es nicht geschafft haben. Stattdessen sind es nun 2-mal 2 aufeinanderfolgende ein eine einzelne… Eine der neuen Nummern habe ich vorab in der Fritzbox eingetragen, dann sehe ich an deren Registrierungszustand am Schaltungstag, ab wann ich die restlichen Nummern umstellen kann.

24.01.2014 17:15

Wieder Post von der Telekom, diesmal die Bestätigung, dass kein Eintrag in den „Auskunftsverzeichnissen“ (Telefonbuch, Telefonauskunft, …) gewünscht wurde. Das ging beim letzten Tarifwechsel 2012 noch schief.

27.01.2014 16:15

Das letzte Schreiben der Telekom hat mich daran erinnert, dass ich mir noch ein sogenanntes „DSL-Kabel für den IP-basierten Anschluss“ (beim Vertrieb kurz „IP-Anschlusskabel“, bei der Technik kurz „Signaturkabel“) besorgen wollte, also mache ich nach der Arbeit noch einen kurzen Abstecher beim Telekom-Shop zwischen Hauptbahnhof und Stachus in München und bekomme dort das passende Kabel.

27.01.2014 18:45

Erneut findet sich ein schreiben von der Telekom im Briefkasten, diesmal eine knappe Einrichtungsanleitung, wie ich am Schaltungstag die Verkabelung ändern sollte. Nicht dass ich sie brauchen würde – Splitter und NTBA abzuklemmen ist nun ja nicht so schwer – aber angesehen habe ich sie mir trotzdem.

29.01.2014 16:00

Ich erhalte einen Anruf von der Telekom auf dem Handy, bei dem der Schaltungstermin am 01.02.2014 nochmals bestätigt wird, außerdem wird mir nochmals erklärt, dass ich meine Verkabelung anpassen muss und im Router die VoIP-Nummern einrichten muss. Ebenso wurde ich nach meinem Router gefragt (Fritzbox 7390) und erstaunlicherweise folgte kein Versuch, mich zu einem Speedport-Router zu überreden. Danach folgte noch die Anweisung, nach der Umschaltung ein abgehendes Telefonat am besten zum eigenen Handy zu führen und dieses mindestens 10 Sekunden zu halten. Der Anrufer war erstaunt, dass ich wusste, dass damit die Portierung der Rufnummern auf die VoIP-Plattform angestossen würde.

30.01.2014 18:05

Ich bekomme nochmals eine Bestätigung des Schaltungstermins per E-Mail.

31.01.2014 18:45

Ich erhalte erneut einen Anruf von der Telekom, diesmal vom Techniker selbst, der morgen die Schaltung vornehmen wird. Er wollte uns lieber bereits am Abend über das Zeitfenster Bescheid geben, anstatt uns in der früh „aus dem Bett“ zu klingeln. Sehr nett!

31.01.2014 23:05

Ich deaktiviere vorab den IPv6-Tunnel zu HE.NET und stelle die Konfiguration auf natives IPv6 um, damit die nächtliche Zwangstrennung uns dann bereits natives IPv6 beschert.

01.02.2013 03:34

Nein, ich war nicht wach, ich habe die Uhrzeit aus dem Protokoll der Fritzbox. Die nächtliche Zwangstrennung hat uns wie erwartet endlich natives IPv6 ins Haus gebracht:

Fritzbox-Protokoll mit IPv4 und IPv6 von der Telekom

Noch hängen wir am gleichen BRAS (Broadband Remote Access Server, „MUNR71-se800“) und noch funktioniert unser ISDN, d.h. das gerne gestreute Gerücht, IPv6 funktioniere technisch nur an Anschlüssen mit VoIP-Telefonie wird – wieder einmal – wiederlegt.

01.02.2013 07:10

Die probehalber eingerichtete, zusätzliche Rufnummer erscheint in der Fritzbox nun als angemeldet, also kann ich damit beginnen, die alten Festnetznummern zu löschen und alle Nummern neu als „Internetrufnummern“ anzulegen. Danach führe ich den ersten, rausgehenden Anruf durch, um die Portierung auszulösen und wenige Minuten später funktioniert auch schon der reinkommende Anruf.

01.02.2013 08:13

Die Fritzbox hat die Synchronisation verloren, also hat der Techniker wohl im Hauptverteiler mit der Umstellung vom ADSL2+-Port auf den VDSL2-Port begonnen. Ich nutze die Zeit um Splitter und NTBA aus der Verkabelung zu nehmen. Nach knappen 9 Minuten steht die VDSL2-Verbindung mit 25.080 KBit/s im Downstream und 4.320 KBit/s im Upstream.

Fazit: Die Umstellung hat gut geklappt, aber ein paar weniger Bestätigungsbriefe und ein Bestätigungsanruf weniger hätten auch ausgereicht.

MS-SQL-Server: Schlechte DELETE-Performance

Ein Kollege meldete sich vor einigen Wochen mit einem interessanten Problem: Beim Löschen von Objekten aus einem komplexeren und gut befüllten Datenmodell liefen alle DELETEs in den Subtabellen und Kreuzreferenzen mit der erwarteten Geschwindigkeit (also im niedrigen Millisekundenbereich) ab, aber die DELETEs auf der Haupttabelle benötigten je Objekt dann plötzlich einige Sekunden.

Mehrere Stunden brüteten wir zusammen mit Kollegen über dem Problem, untersuchten den Ausführungsplan der DELETE-Anweisung, misteten Indizes aus, erstellten andere Indizes neu, reorganisierten die betroffene Tabelle… alles ohne Ergebnis.

Erst ein weiterer Blick auf den Ausführungsplan, diesmal ohne Beachtung der angeblichen Aufwandsverteilung, führte dann zur Lösung: In einer anderen Tabelle mit mehreren Millionen Einträgen befand sich eine Fremdschlüsselspalte, die jedoch nicht Indiziert war. Folglich musste für jedes DELETE eine Full-Table-Scan ausgeführt werden um eventuelle Abhängigkeiten auszuschließen.

Daher nun die kurze Merkregel:

Lege auf einer Fremdschlüsselspalte immer auch einen Index an (sofern sie nicht schon führend in einem anderen Index enthalten ist). Sind in der Tabelle nur wenig Daten, dann tut der zusätzliche Index nicht weh, sind in der Tabelle jedoch viele Daten, dann wird man spätestens beim DELETE in der referenzierten Tabelle froh um den Index sein.

Und wie immer: Trotz Merkregel kann es in Einzelfällen gute Gründe geben, sich anders zu verhalten.