Laut einem Artikel des Magazins telecompaper haben sich die Chefs der europäischen Ex-Monopol-Telcos per Brief an den Präsidenten des Europäischen Rats, Donald Tusk, gewandt, um dort für eine strengere Regulierung der sogenannten OTTs – Over-the-top-Kommunikationsanbieter wie z.B. Skype oder WhatsApp – aber auch für eine „investitionsfreundlichere“ Regulierung im Zugangsgeschäft zu werben.
Der zweite Teil dürfte gegen die bestehende Regulierung zur Zugangsgewährung für alternative Anbieter sowie gegen zukünftige, ernsthafte Regeln zur Netzneutralität gerichtet sein, also beides nicht verbraucherfreundlich.
Der erste Teil – die Forderung nach Regulierung der OTTs – hingegen wirkt auf den ersten Blick sogar positiv, könnte man sich als Endbenutzer davon doch z.B. besseren Datenschutz erhoffen. Tatsächlich ist es aber eher die Vorgehensweise einen neidischen Kindes: Den erfolgreichen OTTs, die allesamt keine Ex-Monopolisten mit „geerbter“ Infrastruktur sind, soll das wirtschaftliche Leben mit regulatorischen Auflagen erschwert werden. Wünsche wie z.B. Interoperabilität zwischen verschiedenen Messaging-Anbietern klingen auf den ersten Blick verlockend, auf den zweiten Blick dürfte das zu einer „Zwangsvereinheitlichung“ der Dienste führen, wodurch die für die Wahl eines Dienstes ausschlaggebenden Features erzwungenermaßen verschwinden könnten.
Beispiel: Würde ein Messaging-Dienst mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zur transparenten Interoperabilität mit unverschlüsselten Diensten gezwungen sein, könnte die Kommunikation zwangsläufig nicht mehr Ende-zu-Ende-verschlüsselt sein. Dem Dienst würde damit zwangsweise sein Alleinstellungsmerkmal genommen werden. Das wäre genau das Gegenteil der häufigen Forderung der Telekom-Lobby nach innovationsfreundlicher Regulierung, wenn die Innovationen somit wegreguliert würden!
Warum das ganze? Unsere Ex-Monopol-Telcos sind mit ihrer eigentlichen Rolle als reiner „Datentransporteur“ nicht zufrieden. Sie verstehen sich als „vertikaler Dienstleister“ – quasi ein digitaler Gemischtwarenladen. Der Endkunde soll am liebsten in einem „walled garden“ eingesperrt werden, in dem nur die Dienste der Telco selbst und eventueller (zahlungswilliger) Partner (ungedrosselt) zur Verfügung stehen. Das Sägen an der Netzneutralität sowie regulatorische Hürden sollen helfen, die (zahlungsunwilligen) OTTs aus dem „walled garden“ auszusperren.
Den besseren Weg, nämlich die technische Leistung des Datentransports wieder mit dem erwarteten Niveau anzubieten (ich meine hiermit nicht exorbitant hohe Datenraten auf der Endkundenleitung sondern direkte Peerings, niedrige Latenzen und stabile Datenraten auch zur Primetime) will leider keine der Ex-Monopol-Telcos gehen.
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