Über die Peering-Politik der Telekom und die daraus entstehenden Nachteile für Kunden haben ich und andere schon oft genug gerantet, das muss ich an dieser Stelle nicht wiederholen. Bisher lies der Bonner Konzern seine Auslandsbeteiligungen aber wenigstens an der langen Leine laufen: Sie durften offener peeren als der Mutterkonzern, mussten aber (auch) Transit bei der Mutter (direkt oder indirekt) beziehen. Im Fall von T-Mobile US wird sogar nicht mal Transit bei der Mutter bezogen. Bei der niederländischen Tochter T-Mobile Thuis (Ende 2016 von Vodafone übernommen) hat man nun die kurze Leine ausprobiert… und sich bei dem Stunt kräftig ins eigene Bein geschossen.
Der Reihe nach
Am 16.10. um 23:10 hat AS50266 (T-Mobile Huis) das AS3320 (DTAG) als Transit, zusätzlich zum bisherigen AS1273 (Vodafone International), aufgeschaltet.
In der Nacht von 24.10 auf 25.10. hat AS50266 dann die bisherigen Peerings am AMS-IX und NL-IX mit über 90 anderen Netzen gekappt.
Die Auswirkungen waren erwartungsgemäß katastrophal, so dass man sich nach wenigen Tagen wieder zur Rolle rückwärts entschloß.
In der Nacht von 29.10. auf 30.10. wurden viele der Peerings am AMS-IX und NL-IX wieder reaktiviert, wobei man noch nicht auf das vorherige Niveau zurückkehren konnte. Der eine oder andere ehemalige Peer hat nach dieser Aktion nun möglicherweise keine Lust mehr.
Seit dem 31.10. 02:30 ist sogar der Transit via AS3320 wieder deaktiviert und AS1273 ist wieder der einzige Transit.
Ergebnis
Geplant war die Aktion höchstwahrscheinlich, um dem Mutterkonzern über dessen Peering-Politik zusätzliche Einnahmen zu bescheren. So wie es aussieht, kommt nun aber effektiv etwas anderes dabei heraus.
Bei den Kunden hat T-Mobile NL viel Vertrauen eingebüst, denn dort war man niedrige Latenzen und regionalen Austausch gewohnt – Dinge, die der deutsche Telekom-Kunde kaum kennt. Der Vertrauensverlust wird sich auch in einer Kündigungswelle spürbar machen.
Die Telekom-Regulierer werden durch den Vorfall zukünftig genauer auf das Thema Interkonnektion schauen. Im Fall der Übernahme einiger europäischen Liberty Global Kabelnetze durch Vodafone haben sie das bereits praktiziert und eine Selbstverpflichtung zu mindestens drei nicht ausgelasteter Transit-Wege gefordert.
Finanziell profitiert nun erstmal Vodafone International von der Aktion: Der Transitverkehr bleibt erstmal weiterhin in deren AS1273 und nimmt sogar zeitweilig leicht zu, weil es nicht gelingen dürfte wirklich alle Peerings kurzfristig wiederherzustellen.
Ich hoffe, man hat in Bonn eine Lektion gelernt… glaube aber nicht wirklich daran.
PS: Einen guten Blogpost von einem Branchenkenner zu dem Thema gibt es auch hier.